Beispiele für „Man kann nicht nicht kommunizieren“ von Paul Watzlawick

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Kommunikation ist nicht leicht. Manchmal ist sie sogar unglaublich schwer. Auch und vor allen Dingen dann, wenn wir auf der non-verbalen Ebene kommunizieren. Das bedeutet über Körperhaltung, Blickkontakt, Mimik und Gestik. Doch auch der Subtext verbaler Kommunikation ist von entscheidender Bedeutung für ein gelingendes Miteinander. Das bezieht die Betonung und Sprechgeschwindigkeit genauso mit ein, wie die Wortwahl und die Botschaft, die ich meinem Gegenüber vermitteln will. So viele Informationen müssen erst einmal wahrgenommen und dann auch noch richtig verarbeitet und eingeordnet werden, da können schnell Missverständnisse entstehen.

Paul Anton Watzlawick (1921 – 2007) einer der bedeutendsten deutschsprachigen Philosophen und Psychologen im Bereich der Kommunikationswissenschaft. Mitglied der Palo Alto Gruppe (Forschung im Gebiet: Kommunikation, Psychotherapie und Familientherapie). 

Die 5 Axiome von Paul Watzlawick auf einen Blick

Paul Watzlawick stellt in seinem Kommunikationsmodell fünf Annahmen über die menschliche Kommunikation auf (bekannt als 5 Axiome). Diese fünf Axiome beschäftigen sich mit der kommunikativen Natur einer jeden zwischenmenschlichen Situation.  

Die Axiome lauten:

  1. Man kann nicht nicht kommunizieren 
  2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
  3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung
  4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten
  5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär

Man kann nicht nicht kommunizieren bedeutet…

Kommunikation ist allgegenwärtig. Und wer ein Mensch ist, der kommuniziert. Unentwegt und jederzeit. Das heißt, dass wir auch dann kommunizieren, wenn wir denken es vermeintlich gar nicht zu tun, da es unbewusst passiert.

Aber vielleicht kennen auch Sie Momente im Leben, in denen das mit dem Nicht-Kommunizieren gar nicht so eindeutig ist, wie man meinen würde. Das ein oder andere der folgenden Fallbeispiele aus Carolines Leben mag Ihnen eventuell auch aus Ihrem Alltag bekannt vorkommen.

Das erste Axiom am Beispiel von Caroline einfach erklärt

Auf dem Weg von der Arbeit nachhause besorgt Caroline noch etwas im Supermarkt. Eilig nimmt sie sich am Eingang einen Einkaufskorb und läuft dabei fast in eine ältere Dame. Diese erschreckt sich zwar, sagt aber nichts, und schaut stattdessen Caroline nur eindringlich hinterher, was diese durchaus bemerkt. Die Frau nimmt schließlich mit aufeinandergepressten Lippen zögerlich ebenfalls einen Einkaufskorb.

Bereits hier lässt sich klar ein Informationsaustausch zwischen Caroline und der älteren Dame feststellen. Caroline, erschöpft von ihrem Arbeitstag und in Gedanken bei den Lebensmitteln, die sie für das Abendessen einkaufen will, hat in diesem Augenblick nur eine eingeschränkte Wahrnehmung für ihre Umgebung. Die ältere Frau, die womöglich nicht mehr ganz so souverän in ihren Bewegungsabläufen ist, fühlt sich von Caroline überrumpelt und zeigt sich auch ein wenig verärgert. Obwohl sie dies Caroline nicht verbal mitteilt, erkennt sie an der Mimik und der zögerlichen Bewegung der Frau, dass diese offensichtlich von ihrer eiligen Handlung negativ beeinflusst ist.

2. Beispiel

Nach dem Beinahe-Zusammenprall steht Caroline vor dem Nudel-Regal. Während sie sich zwischen zwei Sorten entscheidet, schaut sie nach rechts und sieht bei den Konservendosen einen ehemaligen Mitstudenten. Kurzerhand überlegt sie ihn zu begrüßen, bemerkt aber dann, dass er Ohrhörer trägt und generell sehr in sich gekehrt wirkt. Zwar wartet sie, ob er ihr nicht doch einen Blick zuwirft, stellt dann aber fest, dass er, ohne sie wahrzunehmen, hinter einem anderen Regal verschwindet.

Der Studienkollege ist damit kein Einzelfall. Es ist nicht unüblich, dass Menschen, wenn sie unterwegs sind, sei es im Bus, in der Stadt oder auch beim Einkaufen, beispielsweise Kopfhörer tragen und damit signalisieren, dass sie kein Interesse an einem Gespräch haben. Für das Gegenüber besteht damit eine größere Hemmung diese dann tatsächlich anzusprechen. Caroline versucht zudem zu ihrem Bekannten über die Augen Kontakt herzustellen, was jedoch nicht gelingt, da sich ihre Blicke nicht kreuzen.

3. Beispiel

Caroline steigt kurz vor dem Supermarkt in den Bus ein, mit dem sie sonst auch von der Arbeit nachhause fährt. Als sie sich setzen will, ist sie etwas überrascht in einem Viererabteil ihre Freundin Lisa zu sehen, die gegenüber von Carolines Firma, in einem Friseursalon, arbeitet. Unglücklicherweise sind Lisa und Caroline vor Kurzem im Streit auseinandergegangen und haben sich seitdem nicht mehr gesprochen. Die Blicke der beiden Frauen treffen sich und Lisa bemerkt, dass es sich um ihre Freundin Caroline handelt. Kurzerhand schaut diese demonstrativ aus dem Fenster. Caroline setzt sich auf einen der Vierersitze, ans gegenüberliegende Fenster. Sie erkennt in der Reflexion des Fensters, dass Lisa während der Fahrt immer wieder kurz zu ihr herüberschaut. Als der Bus an Carolines Haltestelle ankommt, und sie an Lisa vorbeigeht, lächelt diese sie etwas gequält an und hält den kleinen Finger und Daumen ihrer rechten Hand wie einen Telefonhörer an ihr Ohr. Caroline erwidert das Lächeln und nickt ihr zu, während sie den Bus verlässt.

Obwohl Caroline und Lisa kein Wort miteinander gewechselt haben, ist während der Busfahrt eine ganze Konversation abgelaufen. Anfänglich gibt Lisa ihrer Freundin zu verstehen, dass sie von dieser nichts wissen wolle. Dann nähert sie sich mit der zurückhaltenden Suche nach Blickkontakt an und gibt ihr schließlich ganz offensichtlich ein Zeichen, dass sie (zu einem späteren Zeitpunkt) mit ihr telefonieren wolle, also möglicherweise bereit sei den Streit mit ihr zu klären.

4. Beispiel

Zuhause angekommen räumt Caroline ihren Einkauf aus und stellt bereits ein paar Töpfe auf den Herd, um mit dem Kochen zu beginnen. Dabei fällt ihr auf, dass in der Spüle noch immer das Geschirr vom Vortag steht. Caroline, die im Übrigen in einer WG mit zwei Mitbewohnern lebt, überprüft den Putzplan und nimmt kurzerhand einen roten Filzstift, um den Namen des Mitbewohners dick zu unterstreichen, der heute eigentlich mit dem Abwasch an der Reihe ist. Um ganz sicher zu gehen, setzt sie noch ein Ausrufezeichen hinter seinen Namen und wendet sich dann seufzend wieder der Vorbereitung des Abendessens zu.

Auch hier hat eine Form der Kommunikation stattgefunden. Carolines Mitbewohner wird, sobald er den Putzplan sieht, noch einmal klar und deutlich daran erinnert, dass er den Abwasch vergessen hat.

5. Beispiel

Am nächsten Morgen kommt Caroline in die Küche und sieht, wie ihre Mitbewohnerin Hannah mit ihrem Mitbewohner Jannis spricht, der jedoch nur schweigend und teilnahmslos am Tisch sitzt und uninteressiert auf seinem Brot kaut. Als Caroline sich zu den beiden setzt, fragt sie Jannis ein wenig herausfordernd: „Was ist denn los? Ist das, was Hannah erzählt so uninteressant?“ Jannis erwidert: „Nein, ist total spannend.“ Caroline nickt, hört aber in Jannis‘ Stimme einen leicht genervten Unterton.

In diesem Fall zeigen die Körperhaltung und Mimik von Carolines Mitbewohner Jannis, dass er sich durch das Gespräch, oder eher die Erzählung, von Hannah gelangweilt fühlt. Anstatt dies zuzugeben, behauptet er das Gegenteil. Sicherlich ist aber sowohl Caroline als auch Hannah klar, dass Jannis nicht die Wahrheit sagt.

Endwort zu Paul Watzlawicks berühmtem Satz

Die Geschichte von Caroline ließe sich mit Sicherheit noch über viele weitere Situationen erstrecken. Hoffentlich ist aber durch die beschriebenen Beispiele bereits klar geworden, was es bedeutet, dass wir nicht in der Lage sind, nicht zu kommunizieren. Dies ist eine Grundregel der Kommunikationstheorie. Genauso sind wir nicht imstande uns nicht zu verhalten, nicht zu denken oder nicht zu fühlen. Und letztendlich sind all dies Informationen, die wir unserem Gegenüber, bewusst oder unbewusst, zu jedem Zeitpunkt über die nonverbale Ebene vermitteln oder von diesem aufnehmen. Achten Sie doch mal in Ihrem Alltag bewusst darauf, wie häufig Sie etwas mitteilen, ohne es beabsichtigt zu haben.

Vielleicht fallen Ihnen dadurch auch immer wiederkehrende Kommunikationsmuster bei Ihnen selbst oder anderen Menschen auf, und der ein oder andere Streit lässt sich durch diese Bewusstheit bereits leichter lösen.